Wie weit geht das Weisungsrecht des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis?
– aktuelles Urteil vom 21.Mai 2024
Das LAG Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.05.2024 – 3 SLa 224/24- nunmehr entschieden, dass die Weisung des Arbeitgebers, rote Arbeitshosen als Schutz- und Arbeitskleidung zu tragen, aus sachlichen Gründen berechtigt sein kann. Diese Weisung schränkt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nach Auffassung des Gerichts nicht unverhältnismäßig ein.
Grundlage der Entscheidung war nachfolgender Sachverhalt:
Ein dreiundvierzigjähriger Handwerksmeister hatte sich geweigert, eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen, die er zuvor Jahre lang bei der Arbeit getragen hatte. Im Oktober 2023 legte sein Arbeitgeber diese Pflicht in einer Hausordnung fest. In der Folge kam der in der Produktion arbeitende Arbeitnehmer mehrfach in schwarzer bzw. grauer Hose in den Industriebetrieb. Der Arbeitgeber mahnte diese Sachverhalte zwei Mal ab, nach dem dritten Mal sprach der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aus. Nach dem Ausspruch der Kündigung wurde der Arbeitnehmer nach über 9jähriger Betriebszugehörigkeit von der Arbeit freigestellt.
Arbeitsschutzkleidung auch in Rot?
In der ersten Instanz beim Arbeitsgericht Solingen wurde die Klage des Arbeitnehmers abgewiesen. Aufgrund des konkreten Vortrags des Arbeitgebers zu der Schutzklasse der roten Hosen ist das Gericht davon ausgegangen, dass es sich um Arbeitsschutzkleidung handelt. Alleine dies rechtfertigt die Anordnung zum Tragen der roten Hose. Das ästhetische Empfinden des Arbeitnehmers betreffend die Hosenfarbe überwiege diese Interessen keinesfalls.
Das LAG bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts Solingen. Der Arbeitgeber sei aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt gewesen, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen zu bestimmen.
Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nur in der Sozialsphäre betroffen gewesen sei, genügten bereits sachliche Gründe. Ein maßgeblich berechtigter Aspekt sei die Arbeitssicherheit. Der Arbeitgeber habe Rot als Signalfarbe wählen dürfen, weil der Arbeitnehmer auch in Produktionsbereichen im Einsatz ist, in denen Gabelstapler fahren würden; aber auch im übrigen Produktionsbereich erhöhe die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten.
Weiterer sachlicher Grund – so das LAG – sei auf Arbeitgeberseite die Wahrung der Corporate Identity in den Werkshallen.
Überwiegende Gründe konnte der Arbeitnehmer nicht im Verfahren vorbringen. Infolgedessen ist die Interessenabwägung zulasten des Arbeitnehmers ausgefallen. Nach Ausspruch zweier Abmahnungen und der beharrlichen Weigerung, der Weisung des Arbeitgebers nachzukommen, würde trotz der langen beanstandungsfreien Beschäftigungsdauer das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers überwiegen. Die ordentliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis beendet.
Für die Praxis ist diese Entscheidung vor folgendem Hintergrund relevant:
Vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst ist jede vom Arbeitgeber im gegenseitigen Vertrag verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise von deren Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Als derartige Tätigkeit kann z.B. eine arbeitgeberseitig vorgeschriebene Dienstkleidung oder das Unterlassen des Tragens bestimmter privater Kleidungsstücke anzusehen sein.
Grundsätzlich ist es vom Weisungsrecht gedeckt, Vorgaben zu einer branchenüblichen bzw. betriebseinheitlichen Kleidung zu machen.
Es empfiehlt sich im Lichte der Entscheidung des LAG Düsseldorf, für jeden im Arbeitsleben Stehenden dringend, bevor er sich vergleichbaren Weisungen seines Arbeitgebers widersetzt, zur Vermeidung der Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses sich qualifiziert anwaltlich beraten zu lassen. Tut man dies nicht und kommt man der Weisung des Arbeitgebers nicht nach, liegt grundsätzlich durch die weigerliche Haltung eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor, die nach Erteilung einer Abmahnung den Arbeitsplatz erheblich gefährdet.
Sollten Sie in diesem Bereich Beratungsbedarf haben, vereinbaren Sie gerne einen ersten Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Ulrich Paulussen.