Arbeitszeitbetrug als schwerwiegende Pflichtverletzung

Kaffeepause ohne Ausstempeln kann fristlose Kündigung rechtfertigen

 

Nachdem durch das Bundesarbeitsgericht die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung konkretisiert worden ist, werden sich Arbeitgeber zukünftig vermehrt dem Problem des Arbeitszeitbetruges bzw. des Missbrauchs von Zeiterfassungssystemen stellen müssen.

Das LAG Hamm hat mit Urteil vom 27.01.2023, Aktenzeichen 13 Sa 1007/22, entschieden, dass wer als Mitarbeiter eine Pause macht und dies bei der Arbeitszeiterfassung nicht angibt, mit einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss.

Entscheidend ist dabei das Verhalten nach solch einem Vorfall

Wenn in einem Unternehmen Arbeitszeiterfassung betrieben wird, müssen normalerweise der Beginn, das Ende und auch die Pausen erfasst werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten sowie die vorgeschriebenen Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden. In vielen solcher Fälle erfassen die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich. Es kommen dabei verschiedene Zeiterfassungssysteme wie beispielsweise Stechuhren oder elektronische Zeiterfassungssysteme zum Einsatz.

Unabhängig davon, welches Zeiterfassungssystem genutzt wird, ist es die Pflicht der Mitarbeiter, ihre Arbeitszeiten wahrheitsgemäß anzugeben. Dies bedeutet konkret, dass auch Pausen erfasst werden. Dies erfolgt üblicherweise durch das sogenannte Ausstechen oder Ausstempeln. Hierbei wird deutlich, zu welchen Zeiten die Arbeit unterbrochen wurde.

Ausstempeln auch in der Pause

Missbraucht ein Mitarbeiter die Arbeitszeiterfassung und stempelt er sich zur Pause nicht aus, kann es sich um Arbeitszeitbetrug handeln, der eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

Der aktuelle Fall einer Mitarbeiterin, die während der Arbeitszeit für 10 Minuten in ein Lokal in der Nähe des Betriebes gegangen war, um einen Kaffee zu trinken, verdeutlicht die Problematik. Sie stempelte sich hierfür nicht in der Zeiterfassung aus. Sie wurde bei ihrem Verhalten von ihrem Vorgesetzten beobachtet, der die Mitarbeiterin anschließend mit diesem Sachverhalt konfrontierte. Die Mitarbeiterin leugnete ihre Verhalten zunächst, räumte dann den Fehler aber ein, nachdem ihr Vorgesetzter ihr anbot, die von ihm angefertigten Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen.

Der Arbeitgeber reagierte auf das Verhalten der Mitarbeiterin mit einer fristlosen Kündigung. Gegen diese fristlose Kündigung klagte die Mitarbeiterin, da sie den Ausspruch der fristlosen Kündigung für unverhältnismäßig ansah. Das LAG Hamm beurteilte den Sachverhalt jedoch anders und befand die ausgesprochene Kündigung für rechtmäßig. Der vorsätzliche Missbrauch einer Stempeluhr sei – so das Gericht – ein wichtiger Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Das Verhalten der Mitarbeiterin stelle einen massiven Vertrauensbruch dar.

Ein Arbeitgeber müsse darauf vertrauen können, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten korrekt dokumentieren. Vorliegend spielte es auch keine Rolle, dass es sich lediglich um einen gravierenden Pflichtverstoß von 10 Minuten gehandelt hat. Ebenfalls sei eine Abmahnung entbehrlich, weil eine solche nach Auffassung des Gerichts nicht dazu geführt hätte, dass die Mitarbeiterin ihr Verhalten ändert. Auch spielte das Verhalten der Mitarbeiterin nach dem Vorfall eine Rolle. Die Mitarbeiterin hatte zunächst gelogen, um den Arbeitszeitverzug zu verschleiern.

An dem vorliegenden Sachverhalt ist erkennbar, dass Arbeitsgerichte selbst bei vermeintlich kleinen Vergehen massive Reaktionen durch den Arbeitgeber als wirksam bestätigen.

Obwohl die Mitarbeiterin mit einem Alter von 62 Jahren, einer Betriebszugehörigkeit von 9 Jahren und einer bestehenden Schwerbehinderung gewichtige Interessen vortragen konnte, waren diese nicht geeignet, der schwerwiegenden Pflichtverletzung in Form des Arbeitszeitbetruges hinreichend entgegen zu treten und die Unwirksamkeit der Kündigung zu bewirken.

Der Vertrauensverlust war entscheidend

Auch wenn in diesem Fall die beharrliche Leugnung der Mitarbeiterin für die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung hinzukam, zeigt die Entscheidung des LAG Hamm, dass die Dauer des Arbeitszeitbetruges und der entstandene Schaden kein Mindestmaß erfordern. Vielmehr ist entscheidend der Vertrauensverlust, der durch die bewusst wahrheitswidrige Angabe der Mitarbeiterin erfolgt ist.

An dieser Stelle kann man nur dringend empfehlen, sich bei Aufzeichnungen von Arbeitszeiten redlich zu verhalten. Ansonsten droht Ärger im Arbeitsverhältnis.